Behandlung von Lymphödemen
Das oberste Ziel einer Lymphödembehandlung ist die Reduktion des Staus in den Lymphgefässen und im umgebenden Gewebe. Einerseits soll dies der betroffenen Person Linderung verschaffen, andererseits auch das Voranschreiten der Erkrankung und mögliche weitere Folgen und Komplikationen verhindern bzw. reduzieren.
Ein Lymphödem ist jedoch nicht heilbar. Mit einer möglichst früh einsetzenden und konsequent durchgeführte Therapie kann die Erkrankung allerdings gut behandelt werden, sodass die Patientinnen und Patienten mit der Erkrankung und den jeweiligen Einschränkungen gut zurechtkommen.
Behandlung des Lymphödems durch komplexe physikalische Entstauungstherapie in 2 Phasen
Die Standardtherapie der Lymphödeme ist die komplexe physikalische Entstauungstherapie (KPE). Diese besteht aus zwei Phasen unterschiedlicher Behandlungsintensität (Entstauung und Erhaltung) und folgenden aufeinander abgestimmten Komponenten:
1. Rückfettende Hautpflege, falls erforderlich Hautsanierung (z.B. bei vorhandenem Fusspilz) und Schutz vor Hautverletzungen und -Infektionen.
2. Manuelle Lymphdrainage (MLD), bei Bedarf ergänzt mit additiven manuellen Techniken durch einen ausgebildeten Therapeuten. Gegebenenfalls sollte die Behandlung durch den Einsatz von apparativer intermittierender Kompression in der Praxis oder Klinik oder als Heimgerät ergänzt werden.
In der Entstauungsphase sollte die manuelle Lymphdrainage mindestens 5-mal pro Woche, besser sogar täglich erfolgen. In der Erhaltungsphase sollte die Frequenz der manuellen Lymphdrainage an den klinischen Befund angepasst werden, z.B. 1- bis 2-mal pro Woche.
3. Kompressionstherapie mit speziellen mehrlagigen komprimierenden Wechselverbänden (Entstauungsphase) und/oder lymphologischer Kompressionsstrumpfversorgung (Erhaltungsphase).
4. Entstauungsfördernde Sport-/Bewegungstherapie, idealerweise in der Kompression oder im Wasser.
5. Aufklärung und Schulung zur individuellen Selbsttherapie.
6. Gegebenenfalls kann eine psychologische Betreuung und Begleitung hilfreich sein.
Die besondere Rolle der Kompressionstherapie
Die medizinische Kompressionstherapie bildet sowohl während der Entstauungsphase als auch im Rahmen der Erhaltungsphase die Basis für eine erfolgreiche Ödemtherapie. Dabei sind je nach Phase und Stadium der Erkrankung verschiedene Produkte passend einzusetzen.
Entstauungsphase:
In der Entstauungsphase wird unmittelbar nach der manuellen Lymphdrainage ein meist aus mehreren Komponenten bestehender Kompressionsverband (Bandage) angelegt. Kurzzugbinden verleihen dem Verband einen hohen Arbeitsdruck. Als Alternative können bei relativ unkomplizierten Beinformen auch sogenannte Wrap-Verbände (unelastische Verbände mit Klettverschluss) zur Entstauung angelegt werden.
Erhaltungsphase:
Aufgabe der Kompressionsversorgung ist es, das in der Entstauungsphase erreichte Ergebnis zu halten und eine Verschlechterung des Ödems zu vermeiden.
In der Erhaltungsphase werden meist nach Patient:innen-Mass gefertigte flachgestrickte Kompressionsstrümpfe (z. B. OPTIFORM FLEX / HOLD / FEEL von Sigvaris) angewendet. Nur bei sehr gering ausgeprägtem Ödem ohne Umfangsschwankungen und Zehen-/ Fingerschwellungen können beim gut behandelten Lymphödem auch rundgestrickte medizinische Kompressionsstrümpfe mit hoher Materialfestigkeit zum Einsatz kommen. Sie bergen jedoch im Vergleich zur Flachstrickversorgung ein höheres Risiko, Einschnürungen im Gewebe zu erzeugen.
Flachgestrickte Kompressionsversorgungen werden nach Mass individuell für die Patientin oder den Patienten angefertigt. Durch die Stricktechnik können nahezu jede Körperregion und auch grosse Volumina oder extreme Umfangsdifferenzen damit versorgt werden. Das Material ist dicker und weniger elastisch, um einen flächigen und konstanten Druck auf das Bein auszuüben. Korrekt angepasst und richtig angezogen sitzen die Strümpfe perfekt, üben einen exakt definierten Druck aus und sorgen für Entlastung der betroffenen Region.
In ausgewählten Einzelfällen kann neben der konservativen Therapie auch eine ergänzende operative Behandlung des Lymphödems erfolgen. Eine operative Therapie sollte in Betracht gezogen werden, wenn eine Patientin oder ein Patient trotz konservativer Therapie einen Leidensdruck oder eine Zunahme von Komplikationen und Folgeschäden des Lymphödems aufweist.